Was ist Resilienz und wie du sie ganzheitlich integrieren kannst
Resilienz
Das aus dem Lateinischen stammende Wort resilire bedeutet soviel wie zurückspringen oder abprallen. Damit war ursprünglich ein Körper gemeint, der nach Veränderung in seine ursprüngliche Form zurückgesprungen ist. In der Psychologie wird der Begriff seit den 1970er Jahren verwendet (Thun-Hohenstein, Lampert, & Altendorfer-Kling, 2020, S. 8).
Einige Resilienzexperten sprechen mittlerweile anstatt von bouncing back auch von bounce forward. Was genau ist nun Resilienz?
Resilienzbegriff
Laut den Autoren des Resilience Perspective Papers wurde Resilienz lange Zeit hauptsächlich als stabile Persönlichkeitseigenschaft definiert (Kalisch, et al., 2017). Die Sichtweise hat sich in den letzten Jahren verändert. Nach Kalisch, Müller und Tüscher (2015, S. 5) bedeutet Resilienz: „an empirically observable phenomenon, namely that someone does not develop lasting mental health problems although he or she is subject to adversity”. Das Unglück kann sich dabei sowohl kurzzeitig oder langfristig zeigen sowie sowohl sozialer als auch physischer Stressor sein. Die Autoren verstehen Resilienz dabei als prozesshaft. Dieses Verständnis wird auch von der Americal Psychological Association (APA) geteilt, die Resilienz ebenfalls als einen adaptiven Prozess beschreibt (American Psychological Association, 2012).
Kunzler, Gilan, Kalisch, Tüscher und Lieb (2018) fassen die Forschungsergegnisse wie folgt zusammen. Resilienz wird durch (neuro-)biologische, psychologische und soziale Ressourcen beeinflusst. Diese Ressourcen nennen sich Resilienzfaktoren. Weiterhin können laut den Autoren auch Persönlichkeitseigenschaften als möglicher Resilienzfaktor wirken. Dabei sind sie einer von vielen Faktoren, der die Anpassung des Individuums an Stressoren positiv beeinflusst (Kalisch, et al., 2017; Kalisch, Müller, & Tüscher, 2015).
Während der Bewältigung von Stressoren verändern sich Menschen demnach. Das kann durch veränderte Einstellungen passieren, neue Kompetenzen oder auch die teilweise Immunisierung gegen bestimmte Stressoren oder epigenetische Veränderungen (Kalisch, et al., 2017).
In Bezug auf Stress und Trauma haben Lepore und Revenson (2006, S. 24-25) drei verschiedene Dimensionen von Resilienz identifiziert. Resilienz wird als Ergebnis von Bewältigungsstrategien von Stressoren verstanden und gleichzeitig auch als dynamischer Prozess. Die Autoren nutzen dazu das Sinnbild eines Baumes im Sturm und beziehen es auf drei Facetten von Resilienz: Regeneration, Resistenz und Rekonfiguration. Die Äste und der Stamm des Baumes können einem Sturm trotzen, indem sie sich an den Wind flexibel anpassen und entsprechend biegen (Regeneration). Danach findet der Baum zurück in seine Ursprungsform. Diese Anpassungsfähigkeit ist ein wichtiger Aspekt von Resilienz und kann in Bezug gesetzt zu Seyle und der frühen Stressforschung gesetzt werden. Laut der Autoren sind Menschen als resilient zu bezeichnen, wenn sie sich von stressvollen Erfahrungen erholen, auch wenn in der Literatur diskutiert wird, wie schnell dieser Prozess ablaufen sollte.
Wenn die Äste und der Stamm des Baumes sehr stabil sind, können sie dem Wind auch bewegungslos trotzen (Resistenz). Übertragen auf den Menschen bedeutet dies, dass Individuen sich Stressoren gegenüber psychisch stabil beweisen und somit immun vor psychischen Belastungen sind, was kontrovers diskutiert wird (Lepore & Revenson, 2006, S. 25-26). Die Arbeitsgruppe um Bonanno (Bonanno, Galea, Bucciarelli, & Vlahov, 2006) erklären diese Form von Resilienz als die verbreiteste und fanden nach den Terroranschlägen des 11. Septembers 2001 heraus, dass über 65% der Bewohner New Yorks keine Anzeichen von psychischer Belastung zeigten.
Eine weitere Möglichkeit ist, dass sich durch den Sturm die Wuchsrichtung der Äste verändert wird und der Baum nach und nach eine neue Form annimmt, die Sturm und Wind weniger anhaben kann (Rekonfiguration). So kann sich der Baum laut der Autoren während des Sturms anpassen und gleichzeitig für zukünftige Stürme seine Form verändern und so verhindern, dass er bricht. Somit sind neue kognitive Prozesse oder neue Verhaltensweisen nötig, damit das Individuum traumatische Erfahrungen bewältigen kann. Diese Form von Resilienz steht in Zusammenhang mit postraumatischer Reifung (Lepore & Revenson, 2006, S. 26-27).
Connor und Davidson haben ihre Forschung auf folgendes Verständnis von Resilienz aufgebaut, die auch dieser Arbeit als Grundlage dienen soll: „Resilience embodies the personal qualities that enableone to thrive in the face of adversity. Research over the last 20 years has demonstrated that resilience is a multidimensional characteristic that varies with context, time, age, gender, and cultural origin, as well as within an individual subjected to different life circumstance (2003, S. 76).
Zusammengefasst lässt sich das Konstrukt Resilienz somit als dynamisch, variabel, situationsspezifisch sowie multidimensional beschreiben (Bengel & Lyssenko, 2012, S. 27).